Nach einem Arztbesuch erhält man oft ein Blutbild, dass eine Vielzahl von medizinischen Werten aufzeigt. Aber nur Wenige können mit diesen Werten etwas anfangen. Was genau bedeuten sie? Die Vielzahl an Blutwerten kann überfordernd und schwer zu interpretieren wirken. Wobei gerade die Leberwerte zum Teil wenig intuitiv sind.
Die Leber übernimmt im Körper eine Vielzahl wichtiger und komplexer Aufgaben. Dementsprechend tauchen viele Leberwerte im Blutbild auf. In diesem Beitrag liegt der Fokus auf den Leberwerten sowie deren Bedeutung. Außerdem sollen einige wichtige Einflussfaktoren für die Lebergesundheit vorgestellt werden.
Die Anatomie der Leber
Die Leber zählt zu den größten Organen im menschlichen Körper und ist für zahlreiche essenzielle Stoffwechselprozesse zuständig. Sie befindet sich auf der rechten Seite des Oberbauchs und liegt unmittelbar unter dem Zwerchfell.
Durch die Leber fließt das nährstoffreiche Blut aus der Pfortader. Somit ist die Leber das erste Organ, das einen Einfluss auf die zugeführten Nährstoffe hat. Eine ihrer Aufgaben ist die Speicherung von Nährstoffen wie Kohlenhydraten, Lipiden, Vitaminen und Mineralien. In der Leber finden Transformationsprozesse statt, die endogene und exogene Substanzen für den Körper verwertbar machen. Eine weitere Aufgabe der Leber ist die Herstellung von Stoffen wie Glucose und Ketonkörpern.
Weiterhin ist die Leber als ein Entgiftungs- und Ausscheidungsorgan. Sie produziert täglich ca. 900 ml Galle, mit der nicht relevante Nährstoffe ausgeschieden werden. Durch die Feinstruktur der Leber und ihrer Kupffer-Zellen kann die Leber das Blut filtern und dabei Bakterien, Toxine und alte Erythrozyten entfernen (1).
Einflussfaktoren auf die Lebergesundheit
Die Leber benötigt bestimmte Enzyme, um ihre Funktionen erfüllen zu können. Diese Enzyme können im Rahmen einer Blutuntersuchung nachgewiesen und gemessen werden. Weichen die Leberwerte von den Normwerten ab, kann dies ein Hinweis auf eine Funktionsstörung der Leber sein. Verschiedene Einflussfaktoren können zu einer Veränderung der Leberwerte führen:
- Alkohol, Drogen
- Medikamente
- Viren, Bakterien
- Dauerhaft fettreiche Ernährung
- Gallenwegs- und Gallensteinerkrankungen
Laut der Deutschen Leberstiftung sind Lebererkrankungen eines der größten Gesundheitsprobleme und gehören zu den häufigsten Todesursachen. In Deutschland wird die Zahl der Leberkranken auf 5 Millionen geschätzt. Lebererkrankungen verlaufen zunächst unbemerkt, da die Leber ein schmerzunempfindliches Organ ist. Auch kann die Leber ihre Aufgaben noch erfüllen, wenn sie bereits teilweise beschädigt ist. Eines der wichtigsten Diagnoseverfahren ist die Abnahme von Blut und Überprüfung der Leberwerte (3).
Dies ist von besonders großer Bedeutung, da durch eine frühzeitige Erkennung von Veränderung der Leber schwerwiegende Folgen wie Leberzirrhose und ein hepatozelluläres Karzinom, vermieden werden können. Menschen mit erhöhtem Risiko für Lebererkrankungen wird empfohlen, regelmäßig ihre Leberwerte zu überprüfen. Dazu gehören Personen mit metabolischem Syndrom, hohem Alkoholkonsum und längerfristiger Medikamenteneinnahme (4).
Leberwerte und ihre Bedeutung
Die Interpretation von Leberwerten kann auf den ersten Blick eine Herausforderung darstellen. Angesichts der zahlreichen Funktionen der Leber und der Vielfalt an Leberenzymen, ist es verständlich, dass das Thema komplex erscheint. Um ein besseres Verständnis über die Leberwerte zu bekommen, werden sie zunächst grob in drei Kategorien unterteilt. In der nachfolgenden Tabelle werden die einzelnen Leberwerte näher erläutert.
- Parameter der Leberzellschädigung
- Bei Schädigung von Leberzellen werden verschiedene Enzyme frei, die im Blut nachgewiesen werden können
- Dabei handelt es sich um Enzyme des Aminosäurestoffwechsels: ALT, AST, GLDH
- Cholestaseparameter
- Cholestase bezeichnet eine Abflussstörung der Gallenflüssigkeit. Als Symptome treten häufig eine Gelbfärbung der Haut und Juckreiz auf
- Dabei können sich folgende Werte verändern: GGT, AP, Bilirubin
- Syntheseparameter
Leberwert | Vorkommen | Ursache der Abweichung |
---|---|---|
Alanin-Aminotransferase (ALT) (früher Glutamat-Pyruvat-Transaminase (GPT)) | Leber | Schädigung von Leberzellen |
Aspartat-Aminotransferase (AST) (früher Glutamat-Oxalacetat-Transaminase (GOT)) | Leber, Muskeln, Herz und Erythrozyten | Schädigung von Leberzellen, Muskelzellen und bei Myokardinfarkt |
Glutamatdehydrogenase (GLDH) | Leber | Schwere Hepatitis, Vergiftung, Leberzellkarzinom, Leberzellmetastasen |
Gamma-Glutamyltransferase (GGT) | Alle Körperzellen | Cholestase, Alkoholabusus |
Alkalische Phosphatase (AP) | Leber, Gallenwege, Dünndarm, Knochen, Plazenta | Cholestase, vermehrte Osteoblastenaktivität, Schwangerschaft (letztes Trimenon) |
Bilirubin | Abbauprodukt des Hämoglobins, wird an Albumin gebunden und konjugiert. | Cholestase, vermehrter Anfall bei Hämolyse/große Hämatome, ineffektive Bildung von Erythrozyten |
Albumin | Leber | Cholestase |
Neben den in Tabelle 1 aufgeführten Werten wird noch die Prothrombinzeit (PTZ) erhoben. Dieser Wert kommt aus der Gerinnungsdiagnostik und gibt die Zeit an, die das Blut zum Gerinnen benötigt. Sollte die PTZ verlängert sein, kann dies auf eine Lebererkrankung oder einen Vitamin-K-Mangel hinweisen. Dieser prozentuale Wert wird als Quick-Wert oder International Normalized Ratio bezeichnet (6).
Die Norm-Leberwerte sind in der folgenden Tabelle aufgeführt. Es ist wichtig, zu betonen, dass diese Normwerte teilweise zwischen den Laboren variieren:
Leberwert | Normwert Frauen | Normwert Männer |
---|---|---|
AST | 10-35 U/l | 10-50 U/l |
ALT | 10-35 U/l | 10-50 U/l |
GLDH | Bis 5,0 U/l | Bis 7,0 U/l |
GGT | Bis 39 U/l | Bis 66 U/l |
AP | 35-104 U/l | 40-129 U/l |
Bilirubin gesamt | Bis 1,1mg/dl | Bis 1,1mg/dl |
PTZ nach Quick | 70-120% | 70-120% |
Die Leberwerte liegen vor – was nun?
Leberwerte sollten nicht isoliert betrachtet werden. Eine sorgfältige Analyse der Leberwerte erfordert neben der Blutanalyse eine gründliche Anamnese. Wie bereits erwähnt, werden Leberwerte von verschiedenen Faktoren beeinflusst. So müssen veränderte Leberwerte nicht immer auf eine Dysfunktion der Leber hinweisen. Durch eine Anamnese kann ein Überblick über das Verhalten des Betroffenen gewonnen werden. Dies kann dabei helfen die Gründe für eine Veränderung der Leberwerte zu ermitteln. Neben verschiedenen Medikamenten können beispielsweise auch pflanzliche Heilmittel wie chinesische Tees zu Veränderungen der Leberwerte führen (7).
Daher ist es unerlässlich, für eine fundierte Diagnose und die Empfehlung einer angemessenen Therapie einen Arzt zu konsultieren. Dies ermöglicht eine Interpretation der komplexen Zusammenhänge der Leberwerte, die im Rahmen der spezifischen Vorgeschichte jedes Betroffenen zu betrachten sind.
Fazit
Die Leber spielt eine wichtige Rolle in der Erhaltung der Gesundheit. Sie übernimmt zahlreiche wichtige Funktionen im Körper. Die Leberwerte können Aufschluss über mögliche Dysfunktion und Erkrankungen des Organs geben. Allerdings können veränderte Leberwerte auch durch zahlreiche Faktoren, wie Medikamenteneinnahme und Alkoholkonsum verändert werden. Daher ist eine umfassende medizinische Bewertung einschließlich einer gründlichen Anamnese für eine genaue Diagnose unerlässlich.
Quellen
- Physiologie: Physiologie der Leber. 10. Aufl.: Thieme; 2023 [Stand: 05.01.2024]. Verfügbar unter: https://eref-thieme-de.pxz.iubh.de:8443/ebooks/cs_21534798?context=search#/ebook_cs_21534798_cs5957.
- The Manual’s Editorial Staff. Kurzinformationen: Leber: MSD Manual Ausgabe für Patienten; 2022 [Stand: 08.01.2024]. Verfügbar unter: https://www.msdmanuals.com/de/heim/kurzinformationen-leber-und-gallenst%C3%B6rungen/leber-und-gallenblase/leber.
- Deutsche Leberstiftung. Lebererkrankungen – vielfältige Ursachen: Deutsche Leberstiftung; 2024 [Stand: 08.01.2024]. Verfügbar unter: https://www.deutsche-leberstiftung.de/presse/pressemappe/lebererkrankungen/.
- Bourhis H, Gerbes AL, op den Winkel, M., Denk G. Erhöhte Leberwerte. MMW Fortschr Med 2020; 162(3):59–66.
- AMBOSS. Laboratoriumsmedizin: AMBOSS; 2023 [Stand: 18.12.2023]. Verfügbar unter: https://www.amboss.com/de/wissen/laboratoriumsmedizin/.
- Deterding K. Leber und Leberwerte: Informationen für Betroffene und Angehörige: Deutsche Leberstiftung; 2022.
- Peck-Radosavljevic M. Abklärung erhöhter Leberwerte – Update 2019. J. Gastroenterol. Hepatol. Erkr. 2019; 17(2):43–50. doi: 10.1007/s41971-019-0049-y.