Die Leber ist die größte Drüse des menschlichen Körpers und übernimmt unzählige Aufgaben. Darunter die Proteinsynthese, der Glucosestoffwechsel und der Abbau schädlicher Stoffe. Eine Substanz, deren schädliche Wirkung auf die Leber besonders bekannt ist, ist Alkohol. Im Zusammenhang mit Lebergesundheit hört man häufig vom Begriff der „Leberentgiftung“, allerdings wird dieser nicht immer korrekt verwendet. Was genau dahinter steckt, wird in diesem Beitrag erläutert.
Funktionen der Leber
Wie einleitend beschrieben, ist die Leber an zahlreichen Prozessen im Körper beteiligt. Sie ist dazu in der Lage Stoffe zu verändern, sodass sie weniger toxisch oder biologisch weniger aktiv sind. Dabei wird die Aufnahme potenziell toxischer Substanzen verringert und ihre Ausscheidung erleichtert. So wird die Konzentration von Giftstoffen wie Alkohol, aber auch von Hormonen wie Östrogen und Testosteron reguliert.
Die Leber produziert Galle, um schädliche Stoffe aus dem Körper auszuscheiden. Die Galle erleichtert ebenfalls die Aufnahme von Nährstoffen durch den Darm. Die aus der Verdauung gewonnenen Nährstoffe werden über die Pfortader in die Leber zur weiteren Verarbeitung transportiert (1).
Durch den Glukosestoffwechsel und die Proteinsynthese ist die Leber ebenfalls an der Energiebereitstellung beteiligt. Die Leber synthetisiert täglich 15 bis 50 g Protein. Darüber hinaus werden auch Aminosäuren durch die Leber verarbeitet, wodurch verschiedene Stoffwechselprodukte entstehen (2). In der Leber wird Glucose verstoffwechselt und bei niedrigem Blutzuckerspiegel freigesetzt. Steigt dieser stark an, nimmt die Leber Glucose wieder auf. Dabei wird die Glucose in Form von Glykogen gespeichert oder in Fett umwandelt. Falls alle Glykogenspeicher geleert wurden, kann die Leber Aminosäuren und Glycerin in Glucose umwandeln (1, 3).
Folgen von Alkoholkonsum auf die Leber
Auch wenn die Leber schädliche Stoffe abbauen kann, ist diese Fähigkeit nicht unbegrenzt. Alkohol kann die Leberzellen schädigen und die Funktionsweise der Leber beeinträchtigen. Dies kann schwerwiegende Folgen nach sich ziehen (1).
Schon der Konsum geringer Mengen Alkohol hat negative Auswirkungen auf den Körper. Bereits ein Glas Bier oder Wein reicht aus, um die Körperzellen zu schädigen. Die Auswirkungen von Alkohol lassen sich in akute und chronische Folgen unterteilen.
Alkoholgehalt von 0,5 l Bier mit 5 Vol.-% beträgt 20 g.
In einem Glas Wein von 0,1 l mit 12,5 Vol.-% sind es 10 g.
So hat eine Frau mit 55 kg nach einem Glas Wein schon 0,3 ‰.
Bei einem Mann mit 80 kg sind es 0,18 ‰ (4).
Akute Folgen
- Ab 0,2 ‰ treten Veränderung des Verhaltens und Nachlassen der Koordination auf
- Ab 1,4 ‰ erfolgt eine akute Alkoholvergiftung, es kommt zu Stimmungs- und Persönlichkeitsveränderungen, gestörter Wahrnehmung und Bewegungskoordination, Sprachstörungen, Übelkeit, Erbrechen und Gedächtnisschwund
- Bei etwa 4–5 ‰ liegt die letale Blutalkoholkonzentration vor
Chronische Folgen
- Schädigung von Leber, Speiseröhre, Magen, Dünndarm, Bauchspeicheldrüse, Herz-Kreislauf-System und Nervensystem
- Langfristiger Alkoholkonsum führt häufig zu Mangelernährung und Beeinträchtigung der Aufnahme von Nährstoffen
- Der Ersatz von Lebensmitteln durch Alkohol verstärkt den Nährstoffmangel und führt vermehrt zu Zellschädigungen (4)
Folgen für die Leber
- Ansammlung von Fett in den Leberzellen – Entstehung einer Fettleber
- Bleibt dieser Zustand dauerhaft, führt dies zur Leberhepatitis, einer Leberentzündung
- Verändert sich der Zustand der Leber nicht, durch beispielsweise Alkoholabstinenz, kann eine Leberzirrhose entstehen
- Bei Leberzirrhose wird die Struktur der Leber zerstört und durch Bindegewebe ersetzt – dadurch werden ihre Funktionen beeinträchtigt
- Leberzirrhose kann Komplikationen verursachen: Hypertonie, Blutungen im Verdauungstrakt, Durchblutungsstörung und Leberversagen (5)
Übermäßiges Essen und die Leber
Neben dem Alkoholkonsum gibt es weitere Faktoren, die die Leber belasten. Wenn mehr als fünf Prozent des Lebergewebes verfettet sind, führt dies zu einer Fettleber. Überschüssige Energie aus der Nahrung wird in Form von Fett und freien Fettsäuren im Körperfettgewebe und in der Leber gespeichert. Dies führt zu einer Störung des Fettstoffwechsels der Leber, was zu Schäden an den Leberzellen und Entzündungsreaktionen führen kann.
Eine weitere Ursache einer Fettleber ist die Insulinresistenz. Dabei wirkt das Hormon Insulin weniger effektiv, was zu einem erhöhten Blutzuckerspiegel führt. Der Grund dafür ist, dass Glukose nicht mehr aus dem Blut in Körperzellen aufgenommen wird. Gleichzeitig wird die Freisetzung von Glukose aus der Leber und Fettsäuren aus dem Fettgewebe nicht mehr gehemmt. Die Folge: Der Blutzucker steigt noch mehr an und die Fettsäuren werden in der Leber eingelagert (6).
Auswirkungen von Fructose auf die Leber
Fructose gehört als Einfachzucker (Monosaccharid) zu den Kohlenhydraten und kommt natürlicherweise z. B. in Früchten und Honig vor. Industriell gefertigte Lebensmittel enthalten häufig Maissirup, der mit Fructose angereichert ist. Der klassische Haushaltszucker (Saccharose) besteht dabei sogar zu 50% aus Fructose. Die anderen 50% macht Glukose aus.
Der Transport von Fructose im Körper erfolgt durch spezielle Proteine, die Fructose über die Darmzellen ins Blut transportieren. Anschließend gelangt die Fructose in die Leber. Dort wird sie durch Enzyme umgewandelt und verhältnismäßig leicht als Depotfett eingelagert. Da dieser Stoffwechselweg sich deutlich von anderen Kohlenhydraten unterscheidet, wird immer wieder vermutet, dass Fructose besonders schädlich ist (7).
Oft wird daher behauptet, dass der Konsum von zu viel Obst aufgrund der enthaltenen Fructose ungesund sei. Diese Aussage muss allerdings differenziert betrachtet werden. Eine Studie koreanischer Wissenschaftler mit über 50.000 Probanden bewies, dass Probanden, die mehr Obst und Gemüse konsumierten, ein deutlich niedrigeres Risiko für eine Fettleber hatten (8).
In einer weiteren Studie konnte festgestellt werden, dass der Konsum von Obst und Gemüse die Darmflora verbessern kann. Eine Verbesserung der Darmflora hat wiederum positive Auswirkungen auf die Leber. Lebensmittel, in denen industriell hergestellte Fructose enthalten ist, können hingegen gesundheitsschädlich wirken, da sie die Darmflora durcheinander bringen. Dies führt zu einer erhöhten Durchlässigkeit der Darmwand, Leberentzündung und Insulinresistenz. Außerdem können gezuckerte Lebensmittel im Gegensatz zu Obst schnell in zu großen Mengen verzehrt werden. Obst mit seiner geringen Energiedichte trägt hingegen zu einem gesunden Energiehaushalt bei (9).
Leberbelastung durch Toxine und Umweltgifte
Insbesondere in der industrialisierten Welt sind die Menschen Schadstoffen ausgesetzt, die sich negativ auf die Leber auswirken. Diese können zu chronischen Veränderungen der Leber wie Fibrose und Zirrhose führen. Beispiele für toxische Auslöser sind Alkohol, Medikamente, Drogen sowie Gift- und Schimmelpilze. Der Kontakt mit Industriechemikalien wie Dioxinen und Vinylchlorid kann langfristig ebenfalls zu Leberschäden führen. Auch Schwermetalle wie Quecksilber gelten als problematisch. Diese werden vom Menschen überwiegend durch den Konsum von Fisch aufgenommen (10, 11).
Mikroplastik befindet sich mittlerweile in zahlreichen Lebensmitteln wie Fisch, Zucker, Salz und im Trinkwasser. Es gelangt in Form winziger Molekülen durch die Nahrung und die Atemwege in den menschlichen Körper. Eine Studie deutscher Wissenschaftler hat die Auswirkungen von Mikroplastik auf die Leber untersucht. Bei jungen und gesunden Teilnehmern konnte in der Leber kein Mikroplastik gefunden werden. Anders sieht es bei Probanden mit einer beschädigten Leber aus. War das Organ bereits von einer Leberzirrhose betroffen, konnten signifikante Mengen an Mikroplastik gefunden werden. Mikroplastik verstärkt Entzündungsprozesse und treibt die Narbenbildung voran. Der Grund für die größere Menge Mikroplastik in einer geschädigten Leber wird im erhöhten Druck in der zuführenden Arterie vermutet. Diese begünstigt die Aufnahme über die Darmwand (12).
Medikamente und die Leber
Medikamente und ihre Inhaltsstoffe können ebenfalls toxisch auf die Leber wirken. Die Toxizität von bestimmten Medikamenten wird durch Fasten, Mangelernährung und Alkohol verstärkt (13). Vor allem bei älteren Personen liegt ein erhöhtes Risiko für eine Lebererkrankung vor. Diese Menschen nehmen oft regelmäßig Medikamente ein. Meist überwiegt der medizinische Nutzen den potenziellen Schaden. Es ist ratsam dem behandelnden Arzt mitzuteilen welche Medikamente man aktuell einnimmt, um unerwünschte Wechselwirkungen zu vermeiden.
Bei der erstmaligen Einnahme von Medikamenten, kommt es in der Leber meistens noch nicht zu einer wesentlichen Umwandlung. Dadurch können die Wirkstoffe bestimmte Organe erreichen, um dort zu wirken. Normalerweise steigt daraufhin die Aktivität von Enzymen, die für den Abbau der Inhaltsstoffe zuständig sind. Allerdings kann diese Aktivität insbesondere dann beeinträchtigt werden, wenn mehr als ein Medikament in die Leber gelangt. Dabei konkurrieren mehrere Arzneimittel um die abbauenden Enzyme und hemmen dadurch den Stoffwechsel. Dies kann unter Umständen die Wirkungen und Nebenwirkungen von verschiedenen Arzneimitteln verändern (14).
Kann die Leber entgiftet werden?
Viele Anbieter im Internet versprechen, die Leber mithilfe von Detox-Produkten oder Maßnahmen in bestimmter Zeit zu „entgiften“. Laut den Angaben der John-Hopkins-Universität kann die Leber allerdings nicht einfach „entgiftet“ werden. Sie kann jedoch mit bestimmten Maßnahmen präventiv und langfristig geschützt werden. Wird eine geschädigte Leber von schädlichen Einflüssen entlastet, kann sie sich wieder regenerieren. Eine Ausnahme stellen akute Vergiftungen dar, die notfallmedizinisch behandelt werden müssen (15).
Wie kann die Leber geschützt werden?
- Es gibt eine Vielzahl gesundheitsfördernder Maßnahmen, um die Leber zu schützen und sie zu entlasten. Dazu zählen:
- Vermeidung von übermäßigem Alkoholkonsum und überschüssiger Energiezufuhr aus der Nahrung
- Erhaltung eines gesunden Körpergewichts
- Regelmäßige körperliche Aktivität
- Vorsorgeuntersuchungen bei Alkoholkonsum, bekannten familiären Fällen an Lebererkrankungen, Drogenkonsum und HIV
- Waschen von Lebensmitteln, um Pestizide und Toxine zu entfernen ggf. Bio-Lebensmittel kaufen
- Regelmäßige Hinterfragung von Notwendigkeit der einzunehmenden Medikamente (15, 16)
- Vermeidung von Plastik
- Vermeidung von mit Schwermetallen belasteten Lebensmitteln
Eine gesunde und ausgewogene Ernährung hat einen großen Einfluss auf die Lebergesundheit. Einige pflanzliche Heilmittel sind bekannt für ihre positiven Auswirkungen auf die Leber. Diese Auswirkungen wurden in zahlreichen Studien überprüft und die Effektivität für die Erhaltung einer gesunden Leber bestätigt. Zu diesen Heilmitteln zählen Kurkuma, Mariendistel und Artischocke. Sie besitzen entzündungshemmende, antioxidative und leberregenerierende Eigenschaften. Sie können die Stoffwechselprozesse der Leber unterstützen, erhöhte Leberwerte senken und oxidativen Stress mindern. Außerdem tragen sie dazu bei, die Fibrose und Steifigkeit der Leber zu mindern (17, 18).
Fazit
Den meisten Leuten ist bekannt, dass Alkohol schon in kleinen Mengen schädliche Auswirkungen auf die Leber hat. Allerdings gibt es neben dem Alkohol zahlreiche weitere Faktoren, die die Leber negativ beeinflussen. Dazu gehören die übermäßige Energiezufuhr durch die Nahrung, Einnahme von Medikamenten, Drogenkonsum sowie Umweltgifte wie Schwermetalle und Pestizide. Im Rahmen der Lebergesundheit sollte auf eine ausgewogene Ernährung, ein gesundes Körpergewicht und die Vermeidung von Alkoholkonsum geachtet werden.
Quellen
- Ozougwu J. Physiology of the liver. International Journal of Research in Pharmacy and Biosciences 2017; 4(8):13–4.
- Gekle M, Hrsg. Physiologie: Physiologie der Leber. 10. Aufl.: Thieme; 2023 [Stand: 05.01.2024]. Verfügbar unter: https://eref-thieme-de.pxz.iubh.de:8443/ebooks/cs_21534798?context=search#/ebook_cs_21534798_cs5957.
- Abel T. Kraftwerk Zelle. Aktuelle Ernährungsmedizin 2016; 41(01):S2-S5. doi: 10.1055/s-0042-102716.
- Gruber M. FAQs zu Alkohol; 2023.
- Jackson.whitney. Alkoholbedingte Lebererkrankung – Leber- und Gallenstörungen – MSD Manual Ausgabe für Patienten; 2024 [Stand: 22.01.2024]. Verfügbar unter: https://www.msdmanuals.com/de/heim/leber-und-gallenst%C3%B6rungen/alkoholbedingte-lebererkrankung/alkoholbedingte-lebererkrankung.
- Deutsche Leberstiftung, Hrsg. Das große Kochbuch für die Leber. 1. Aufl.: humboldt; 2022.
- Chemie.de. Fruchtzucker; 2024 [Stand: 24.01.2024]. Verfügbar unter: https://www.chemie.de/lexikon/Fruchtzucker.html.
- Kim S-A, Shin S. Fruit and vegetable consumption and non-alcoholic fatty liver disease among Korean adults: a prospective cohort study. J Epidemiol Community Health 2020; 74(12):1035–42. Verfügbar unter: https://jech.bmj.com/content/74/12/1035.long.
- Lambertz J, Weiskirchen S, Landert S, Weiskirchen R. Fructose: A Dietary Sugar in Crosstalk with Microbiota Contributing to the Development and Progression of Non-Alcoholic Liver Disease. Front Immunol 2017; 8:1159. doi: 10.3389/fimmu.2017.01159.
- Niedersächsisches Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit. Schwermetalle in Fischen und Fischereierzeugnissen; 2023 [Stand: 23.01.2024]. Verfügbar unter: https://www.laves.niedersachsen.de/startseite/lebensmittel/lebensmittelgruppen/fisch_fischerzeugnisse/schwermetalle-in-fischen-und-fischereierzeugnissen-152347.html.
- Deutsche Leberstiftung. Toxische Lebererkrankungen – Schädigung durch Gifte; 2023 [Stand: 22.01.2024]. Verfügbar unter: https://www.deutsche-leberstiftung.de/presse/pressemappe/lebererkrankungen/toxische-lebererkrankungen/.
- Horvatits T, Tamminga M, Liu B, Sebode M, Carambia A, Fischer L et al. Microplastics detected in cirrhotic liver tissue. eBioMedicine 2022; 82:104147. Verfügbar unter: https://www.thelancet.com/journals/ebiom/article/PIIS2352-3964(22)00328-0/fulltext.
- Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft. Akute Schädigungen der Leber durch Arzneimittel, pflanzliche Heil- und Nahrungsergänzungsmittel; 2024 [Stand: 22.01.2024]. Verfügbar unter: https://www.akdae.de/arzneimitteltherapie/arzneiverordnung-in-der-praxis/ausgaben-archiv/ausgaben-ab-2015/ausgabe/artikel?tx_lnsissuearchive_articleshow%5Baction%5D=show&tx_lnsissuearchive_articleshow%5Barticle%5D=5736&tx_lnsissuearchive_articleshow%5Bcontroller%5D=Article&tx_lnsissuearchive_articleshow%5Bissue%5D=32&tx_lnsissuearchive_articleshow%5Byear%5D=2023&cHash=9ce02d40b498baae35934d9576031729.
- Teschke R. Leberschäden durch Medikamente und Naturheilmittel. Deutsche Leberhilfe e. V. 2007.
- John Hopkins Medicine. Detoxing Your Liver: Fact Versus Fiction; 2021 [Stand: 23.01.2024]. Verfügbar unter: https://www.hopkinsmedicine.org/health/wellness-and-prevention/detoxing-your-liver-fact-versus-fiction.
- John Hopkins Medicine. 5 Ways to Be Kind to Your Liver; 2023 [Stand: 24.01.2024]. Verfügbar unter: https://www.hopkinsmedicine.org/health/wellness-and-prevention/5-ways-to-be-kind-to-your-liver.
- Seitz HK, Mueller S. Nicht alkoholische (NAFLE) und alkoholische Lebererkrankung (ALE). Continuing Medical Education 2018; 15(9):45–57.
- Kamel AM, Farag MA. Therapeutic Potential of Artichoke in the Treatment of Fatty Liver: A Systematic Review and Meta-Analysis. J Med Food 2022; 25(10):931–42. doi: 10.1089/jmf.2022.0025.