Die Leber ist den meisten Menschen ein Begriff, da sie zu lebenswichtigen Funktionen wie der Entgiftung des Körpers beiträgt. Doch während die Leber häufig im Mittelpunkt steht, bleiben die Gallenwege oft im Schatten, weitgehend unbemerkt und unerforscht. Diese dünnen Röhren transportieren Galle von der Leber zu Gallenblase und Darm und spielen eine entscheidende Rolle im Verdauungsprozess. In diesem Artikel wird ein genauerer Blick auf die Gallenwege, ihre Funktionen und die Bedeutung für unsere Gesundheit geworfen.
Was sind die Gallenwege?
Die Gallenwege sind ein wichtiger Bestandteil des Verdauungssystems. Sie sind für den Transport der Galle vom Ort ihrer Produktion in der Leber bis hin zum Dünndarm verantwortlich. Sie spielen eine entscheidende Rolle bei der Verdauung von Fetten und der Entgiftung des Körpers.
Anatomisch betrachtet bestehen die Gallenwege aus verschiedenen Teilen, die zusammenarbeiten, um die Galle effizient zu transportieren. Zu den Hauptbestandteilen gehören:
- Lebergänge: Die Gallenwege beginnen in der Leber selbst, wo die Galle von den Leberzellen produziert wird. Zunächst gelangt die Galle durch winzige Kanäle, die als intrahepatische Gallengänge bekannt sind, zur Hauptlebergalle oder dem Ductus hepaticus.
- Gallenblase: Die Hauptlebergalle vereinigt sich mit einem anderen Kanal, der von der Gallenblase kommt. Die Gallenblase ist ein kleines, sackartiges Organ, das Galle speichert und konzentriert, bis sie für die Verdauung benötigt wird.
- Hauptgallengang: Der Hauptgallengang oder Ductus choledochus entsteht durch die Vereinigung des Ductus hepaticus und des Ductus cysticus. Dieser Gang führt die Galle aus Leber und Gallenblase in den Dünndarm, wo sie bei der Verdauung hilft.
Die Gallenwege werden auch nach ihrer Lage und Funktion unterschieden. Die intrahepatischen Gallenwege befinden sich innerhalb der Leber und sind für den Transport der Galle innerhalb des Organs verantwortlich. Die extrahepatischen Gallenwege verlaufen außerhalb der Leber und transportieren die Galle aus der Leber zur Gallenblase und schließlich in den Dünndarm.
Zusammen bilden die verschiedenen Teile der Gallenwege ein komplexes System. Dieses erlaubt eine reibungslose Produktion, Speicherung und Freisetzung von Galle, um eine effektive Verdauung zu unterstützen (1,2).
Welche Funktion haben die Gallenwege?
Die Gallenwege spielen eine wesentliche Rolle im Verdauungssystem, insbesondere bei der Verdauung von Fetten. Ihre Hauptfunktion besteht darin, die Galle zu transportieren, die in der Leber produziert wird. Zur richtigen Zeit und am richtigen Ort freigesetzt, ist sie essentieller Bestandteil der Verdauung (3).
Die Galle, die in der Leber produziert wird, ist eine gelblich-grüne Flüssigkeit. Sie besteht hauptsächlich aus Wasser, Elektrolyten, organischen Substanzen und Gallensäuren. Gallensäuren sind ein Schlüsselbestandteil der Galle und spielen eine entscheidende Rolle bei der Verdauung von Fetten. Sie helfen dabei, Fette in kleinere Partikel zu zerlegen, die dann leichter von Enzymen abgebaut und aufgenommen werden.
Zusätzlich zur Verdauungsfunktion haben die Gallenwege auch wichtige sekundäre Funktionen. Dazu gehört die Ausscheidung von fettlöslichen Stoffen aus dem Körper, wie beispielsweise Cholesterin und bestimmte Stoffwechselprodukte. Darüber hinaus wirken Gallensäuren auch als Steroidhormone, die verschiedene physiologische Prozesse im Körper regulieren (4).
Ein weiterer wichtiger Aspekt der Gallenwege ist der enterohepatische Kreislauf. In diesem Kreislauf wird Gallensäure aus dem Darm zurück in die Leber transportiert, um erneut verwendet zu werden. Auf diese Weise werden Gallensäuren effizient recycelt und mehrmals für die Verdauung eingesetzt, bevor sie ausgeschieden werden (5).
Insgesamt spielen die Gallenwege eine entscheidende Rolle bei der Verdauung von Fetten, sowie bei der Ausscheidung von Abfallprodukten. Ihr reibungsloses Funktionieren ist daher entscheidend für die Aufrechterhaltung einer optimalen Verdauung und des gesamten Stoffwechsels.
Welche Symptome verursachen Gallenwegserkrankungen?
Gallenwegserkrankungen verursachen eine Vielzahl von Symptomen, die von milden Beschwerden bis hin zu schwerwiegenden Problemen reichen. Ein häufiges Symptom, das bei vielen Gallenwegserkrankungen auftritt, ist der Ikterus, auch als Gelbsucht bekannt. Ikterus tritt auf, wenn sich Bilirubin, ein Abbauprodukt roter Blutkörperchen, im Blut ansammelt und Haut und Augen gelblich verfärbt. Dies geschieht, wenn die Gallenwege blockiert sind oder nicht richtig funktionieren. Das führt dazu, dass Bilirubin nicht ordnungsgemäß aus dem Körper ausgeschieden wird (6).
Zu den weiteren Symptomen von Gallenwegserkrankungen gehören:
- Bauchschmerzen: Patienten können Schmerzen im rechten Oberbauch oder im Bereich des Magens verspüren, die von stumpf bis stechend reichen. Diese Schmerzen treten periodisch oder konstant auf und werden durch Bewegung oder Nahrungsaufnahme beeinflusst.
- Übelkeit und Erbrechen: Viele Patienten mit Gallenwegserkrankungen leiden unter Übelkeit und Erbrechen, insbesondere nach dem Verzehr fettreicher oder schwer verdaulicher Nahrungsmittel.
- Verdauungsstörungen: Gallenwegserkrankungen führen oft zu Verdauungsstörungen, wie beispielsweise Blähungen, Gasbildung, Völlegefühl und unregelmäßigem Stuhlgang.
- Fieber und Schüttelfrost: Bei bestimmten Gallenwegserkrankungen, insbesondere wenn sie durch Infektionen verursacht werden, treten Fieber und Schüttelfrost auf.
- Hautveränderungen: Neben Ikterus können Gallenwegserkrankungen auch zu anderen Hautveränderungen führen, wie beispielsweise Juckreiz, Hautausschlägen oder trockener Haut (7,8).
Es ist wichtig zu beachten, dass die Symptome je nach Art und Schwere der Gallenwegserkrankung variieren. Einige Patienten haben nur milde Beschwerden, während andere unter schwerwiegenden Symptomen leiden. Wenn Symptome von Gallenwegserkrankungen auftreten, ist es wichtig, einen Arzt aufzusuchen, um eine angemessene Behandlung zu erhalten.
Gallensteine und Gallenblasenentzündung
Gallensteine und Gallenblasenentzündung sind zwei häufige Erkrankungen, die die Gallenwege betreffen und oft zusammen auftreten. Hier ist ein Überblick über beide:
Gallensteine entstehen, wenn sich chemische Bestandteile der Galle – wie Cholesterin, Bilirubin und Kalziumsalze – zu Kristallen verbinden und Steine bilden. Diese Steine können sich in der Gallenblase oder den Gallenwegen bilden und den normalen Fluss der Galle behindern. Die Gallenblasenentzündung tritt oft auf, wenn ein Gallenstein den Ausgang der Gallenblase blockiert und eine Entzündung verursacht.
Risikofaktoren für Gallensteine und Gallenblasenentzündung sind Übergewicht, eine fettreiche Ernährung, schneller Gewichtsverlust, Schwangerschaft, familiäre Veranlagung, Diabetes und bestimmte Medikamente.
Die Symptome von Gallensteinen und Gallenblasenentzündung sind oft ähnlich. Sie umfassen starke Schmerzen im rechten Oberbauch, Übelkeit, Erbrechen, Blähungen, Völlegefühl, Fieber und Gelbsucht. Bei einer Gallenblasenentzündung sind die Schmerzen besonders stark und verschlimmern sich bei Bewegung oder tiefem Einatmen.
Die Diagnose Gallensteine und Gallenblasenentzündung erfolgt durch eine Kombination aus körperlicher Untersuchung, Anamnese, Bluttests und bildgebenden Verfahren.
Die Behandlung von Gallensteinen und Gallenblasenentzündung variieren je nach Schweregrad und individuellen Umständen. Kleine Gallensteine, die keine Symptome verursachen, erfordern möglicherweise keine Behandlung. Bei Symptomen können Schmerzmittel und eine fettarme Ernährung helfen. In schwereren Fällen ist eine Operation zur Entfernung der Gallenblase (Cholezystektomie) erforderlich. Bei Gallenblasenentzündung wird in der Regel auch eine antibiotische Therapie durchgeführt, um die Infektion zu bekämpfen.
Insgesamt ist es wichtig, bei Verdacht auf Gallensteine oder Gallenblasenentzündung einen Arzt aufzusuchen. Unbehandelte können Gallensteine und Gallenblasenentzündung zu schwerwiegenden Komplikationen führen (9,10,11).
Primär biliäre Cholangitis (PBC) und Primär sklerosierende Cholangitis (PSC)
Primär biliäre Cholangitis (PBC) und Primär sklerosierende Cholangitis (PSC) sind zwei chronische Lebererkrankungen, die die Gallenwege betreffen. Hier ist ein Überblick über beide:
PBC ist eine autoimmune Erkrankung, bei der das Immunsystem fälschlicherweise die Gallengänge in der Leber angreift und entzündet. Dies führt zu einer fortschreitenden Zerstörung der Gallengänge und einer Beeinträchtigung des Gallenflusses.
Die genauen Ursachen von PBC sind nicht vollständig verstanden, aber genetische Faktoren und Umweltfaktoren spielen eine Rolle. Frauen sind häufiger betroffen als Männer, und die Erkrankung tritt häufiger bei Menschen mittleren Alters auf.
Frühe Stadien können asymptomatisch sein oder unspezifische Symptome wie Müdigkeit, Juckreiz, Oberbauchschmerzen und trockene Augen oder Mund verursachen. Im fortgeschrittenen Stadium können Gelbsucht, Leberzirrhose und Leberversagen auftreten. Die Diagnose von PBC basiert auf einer Kombination aus klinischen Symptomen, Blutuntersuchungen und bildgebenden Verfahren wie Ultraschall oder MRT. Eine Leberbiopsie kann ebenfalls zur Bestätigung der Diagnose durchgeführt werden. Die Behandlung von PBC zielt darauf ab, den Krankheitsverlauf zu verlangsamen und die Symptome zu lindern. Dazu gehören Medikamente wie Ursodeoxycholsäure (UDCA), die den Gallenfluss verbessern, sowie Medikamente zur Symptomkontrolle wie Antipruritika gegen Juckreiz. In fortgeschrittenen Fällen kann eine Lebertransplantation erforderlich sein (12).
Die primär sklerosierende Cholangitis (PSC) ist eine chronische entzündliche Erkrankung mit fortschreitender Vernarbung der Gallenwege. Die genaue Ursache von PSC ist unbekannt, aber autoimmune, genetische und umweltbedingte Faktoren können eine Rolle spielen. PSC tritt häufiger bei Männern als bei Frauen auf und ist oft mit entzündlichen Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa assoziiert. Die Symptome von PSC variieren, aber zu den häufigsten gehören Müdigkeit, Bauchschmerzen, Gelbsucht, Fieber, Juckreiz und ungewollter Gewichtsverlust. Im fortgeschrittenen Stadium kann es zu Komplikationen wie Leberzirrhose und Leberversagen kommen. Die Diagnose von PSC erfolgt ähnlich wie bei PBC durch klinische Untersuchungen, Blutuntersuchungen, bildgebende Verfahren und manchmal eine Leberbiopsie. Die Behandlung von PSC konzentriert sich auf die Linderung von Symptomen und die Verzögerung des Krankheitsverlaufs. Dazu gehören Medikamente zur Verringerung von Entzündungen und zur Verbesserung des Gallenflusses sowie die Behandlung von Komplikationen. In fortgeschrittenen Fällen kann ebenfalls eine Lebertransplantation in Betracht gezogen werden (13).
Fazit
Erkrankungen der Gallenwege stellen eine vielfältige Gruppe von Lebererkrankungen dar, die die Lebensqualität der Betroffenen erheblich beeinträchtigen. Von Gallensteinen über Gallenblasenentzündungen bis hin zu primär biliärer Cholangitis (PBC) und primär sklerosierender Cholangitis (PSC) gibt es verschiedene Erkrankungen der Gallenwege. Die Therapieansätze für Gallenwegserkrankungen reichen von medikamentösen Behandlungen hin zu Operationen oder Lebertransplantationen in fortgeschrittenen Fällen. Darüber hinaus spielen Lebensstiländerungen, einschließlich einer gesunden Ernährung und regelmäßiger Bewegung, eine wichtige Rolle bei der Vorbeugung.
Insgesamt ist eine multidisziplinäre Herangehensweise erforderlich, um Gallenwegserkrankungen effektiv zu managen und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.
Quellen
- Gallenwege – via medici (thieme.de) (3.3.2024)
- Gallenblase und Gallenwege: Aufbau und Funktion | Lecturio (3.3.2024)
- Die Gallenblase: Anatomie und Funktion (krebsgesellschaft.de) (3.3.2024)
- Wie funktioniert die Gallenblase? | Gesundheitsinformation.de (3.3.2024)
- via medici: leichter lernen – mehr verstehen (thieme.de) (3.3.2024)
- Gelbsucht bei Erwachsenen: Ursachen und Therapie bei Ikterus (aok.de) (4.3.2024)
- Gallenblasen- und Gallenwegserkrankungen | MEOCLINIC (4.3.2024)
- Gallenwegserkrankungen: Informationen und Spezialisten (leading-medicine-guide.com) (4.3.2024)
- Gallstones – Symptoms & causes – Mayo Clinic (4.3.2024)
- Gallstones – Symptoms & causes – Mayo Clinic (4.3.2024)
- Cholecystitis | Johns Hopkins Medicine (4.3.2024)
- Primary biliary cholangitis – Symptoms and causes – Mayo Clinic (4.3.2024)
- Primary Sclerosing Cholangitis – NIDDK (nih.gov) (4.3.2024)