Die meisten Menschen haben eine gewisse Vorstellung davon, wofür die Leber im Körper zuständig ist. Dabei denken sie häufig an die Fähigkeit der Leber Giftstoffe wie Alkohol aus dem Körper auszuscheiden. Dies ist allerdings nur eine ihrer zahlreichen Aufgaben. Die Leber ist eines der vielseitigsten Organe im menschlichen Körper. Sie übernimmt essenzielle Funktionen im Körper und spielt eine entscheidende Rolle für die Erhaltung der Gesundheit.
Die Leberfunktionen verstehen
Die Leber macht 2 bis 5% des Körpergewichtes aus und ist somit das zweitgrößte Organ und die größte Drüse des menschlichen Körpers. Sie befindet sich im rechten Teil des Oberbauchs und erstreckt sich nach links über den Magen. Die zum Körperinneren gerichtete Seite ist mit einem Netzwerk von Bindegewebe umgeben. Die Leber ist durch ein Band, Ligamentum falciforme, mit dem Zwerchfell verbunden, das sich direkt oberhalb der Leber befindet. An der unteren Stelle des rechten Leberlappens befindet sich die Gallenblase (1, 2).
Die Leber trägt zur Aufrechterhaltung des physiologischen Gleichgewichts bei. Dafür ist sie an einer Reihe von Prozessen im engen Zusammenspiel mit anderen Organen beteiligt. Die in der Leber produzierte Galle erleichtert die Verdauung und die Nährstoffaufnahme. Aus dem Verdauungssystem führt die Pfortader das nährstoffreiche Blut in die Leber. Nach der Verarbeitung des Blutes durch die Leber, verlässt das Blut sie durch die untere Hohlvene. Das Blut fließt weiter zum Herzen und schließt somit den Blutkreislauf ab (2).
Vielfältige Aufgaben der Leber
Die Leber ist ein Organ, das eine breite Palette von Funktionen im menschlichen Körper übernimmt. Sie wird in acht Segmente unterteilt. Die einzelnen Funktionen der Leber werden in den nachfolgenden Absätzen detailliert beschrieben.
Die Aufgaben der Leber umfassend dabei unter anderem:
- Produktion von Galle
- Speicherung von Nährstoffen
- Stoffwechsel von Nährstoffen
- Entgiftung und Ausscheidung
- Glucosestoffwechsel
- Lipoproteinstoffwechsel
- Proteinstoffwechsel
- Immunologische Schutzfunktion
Gallenproduktion, Verdauung und Nährstoffaufnahme
Wie bereits erwähnt, ist eine der Aufgaben der Leber die Produktion von Galle. Täglich produziert die Leber 700 bis 1200 ml Galle. Das ist eine alkalische Flüssigkeit, die aus Gallensalzen, Cholesterin, Bilirubin, Elektrolyten und Wasser besteht. Die Leberzellen, Hepatozyten, bilden die Galle und leiten die Flüssigkeit in die Gallengänge.
Die Galle spielt eine entscheidende Rolle bei der Aufnahme von Fetten im Dünndarm. Dadurch werden die Verdauung und Aufnahme von Fetten durch den Dünndarm deutlich erleichtert. Die aus der Verdauung gewonnenen Nährstoffe werden zurück in die Leber zur weiteren Verarbeitung transportiert (2). Der Großteil der Gallensäuren, die in den Darm abgegeben werden, werden dabei später wieder aufgenommen. Dieser Prozess wird „enterohepatischer Kreislauf“ genannt (4).
Die Leber und das Immunsystem
Die Leber spielt eine wichtige Rolle im Immunsystem des Körpers. Sie enthält NK-T-Zellen und Kupffer-Zellen, die bei der Abwehr von Krankheitserregern aktiviert werden. Diese speziellen Zellen setzen verschiedene Proteine und Moleküle frei, um das Immunsystem anzuregen. Sie können auch andere Leberzellen stimulieren, um bei der Abwehr von Krankheiten zu helfen (2).
Glucosestoffwechsel
Auch die Stabilisierung des Blutzuckerspiegels erfolgt durch die Leber. Ist der Blutzuckerspiegel niedrig, setzt die Leber Glukose frei. Steigt er zu stark an, nimmt die Leber hingegen Glukose auf. Dann wird die Glukose als Glykogen gespeichert oder in Fett umgewandelt. Wenn alle Glykogenspeicher aufgebraucht sind, kann die Leber Aminosäuren und Glycerin in Glukose umwandeln. Das nennt man auch Glukoneogenese (2).
Entgiftung und Ausscheidungsorgan
Die Leber ist für ihre entgiftende Funktion bekannt. Sie verändert sowohl exogene als auch endogene Stoffe, um sie weniger toxisch oder biologisch weniger aktiv zu machen. Dieser Prozess verringert die Aufnahme potenziell toxischer Substanzen und erleichtert ihre Ausscheidung.
Auf diese Weise werden schädliche Stoffe wie Alkohol, Amphetamine, Steroide sowie Hormone (einschließlich Östrogen und Testosteron) metabolisiert. Dadurch wird deren übermäßige Anhäufung und daraus resultierende unerwünschte Wirkungen verhindert.
Obwohl der Entgiftungsprozess normalerweise schützend wirkt, können in einigen Fällen die Abfallprodukte dieses Prozesses selbst toxisch werden. Ein Beispiel hierfür sind die Endprodukte des Alkoholstoffwechsels, nämlich Acetaldehyd und Wasserstoff. Ein übermäßiger Alkoholkonsum über einen längeren Zeitraum hinweg führt dazu, dass diese Endprodukte die Hepatozyten schädigen. Auf diese Weise wird die Funktionsweise der Leber beeinträchtigt (2).
Lipoproteinstoffwechsel
Cholesterin ist ein Lipid und ein wichtiger Baustein für Hormone und die Gallensäure. Cholesterin wird hauptsächlich in der Leber synthetisiert. Das überschüssige Cholesterin aus der Nahrung wird durch die Leber aufgenommen. Somit ist die Leber der größte Cholesterinspeicher des Körpers. Ein Teil des Cholesterins ist an der Herstellung von Gallensäure beteiligt. Gallensäure ist wiederum der einzige Mechanismus, über den Cholesterin ausgeschieden wird.
Häufig wird von schlechtem und gutem Cholesterin geredet, aber was genau bedeutet das? Lipoproteine sind Transportstoffe, die im Körper Fette transportieren. Im Transport von Cholesterin sind zwei Lipoproteine von besonderer Bedeutung: Das Low Density Lipoprotein (LDL) transportiert Cholesterin von der Leber zu den Zellen. In diesen Zellen ist Cholesterin ein wichtiger Bestandteil der Zellmembran und an der Bildung von Hormonen und Vitamin D beteiligt. Allerdings kann es bei einem Überschuss an Cholesterin zu Ablagerungen an den Gefäßwänden kommen. Dies passiert bei zu großen Mengen an Cholesterin, das der Körper nicht verwerten kann. Diese Ablagerungen können zu kardiovaskulären Erkrankungen führen. Daher wird LDL als „schlechtes“ Cholesterin bezeichnet.
Das High Density Lipoprotein (HDL) hingegen transportiert überschüssiges Cholesterin aus den Körperzellen zur Leber zurück. HDL wird daher als „gutes“ Cholesterin bezeichnet. Ist allerdings der HDL-Speicher voll, wird das Cholesterin an LDL weitergegeben (5).
Proteinsynthese
Die Leber synthetisiert täglich 15 bis 50 g Proteine. Die Proteine werden zum Teil wieder ins Blut abgegeben. Das Tripeptid Glutathion (Bildung aus drei Aminosäuren) wird zum Beispiel durch die Leber synthetisiert. Glutathion ist ein wichtiges Antioxidans, das die Zellen vor schädlichen Sauerstoffradikalen schützt.
Wichtige Proteine, die von der Leber synthetisiert werden, sind außerdem:
- Hauptplasmaproteine
- Gerinnungsproteine
- Trägerproteine
- Prohormone
- Apolipoproteine (4).
Fazit
Die Leber ist die größte Drüse im menschlichen Körper und möglicherweise eines der vielseitigsten Organe. Sie spielt eine bedeutende Rolle in der Aufrechterhaltung von essenziellen Funktionen des Körpers. Die Leber kann sich nicht nur schädliche Stoffe wie Alkohol entgiften, sondern hat noch zahlreiche weitere Aufgaben. Dazu zählen: Produktion von Galle, Glucose- und Lipoproteinstoffwechsel, Proteinsynthese und Aktivierung des Immunsystems. Allerdings sind den schützenden Funktionen Grenzen gesetzt, wenn zu viele Schadstoffe in die Leber gelangen und ihre Zellen schädigen. Es ist daher wichtig, seine Leber durch einen gesunden Lebenswandel zu schützen.
Quellen
- AMBOSS. Leber: AMBOSS; 2023 [Stand: 18.12.2023]. Verfügbar unter: https://www.amboss.com/de/wissen/leber/
- Ozougwu J. Physiology of the liver. International Journal of Research in Pharmacy and Biosciences 2017; 4(8):13–4.
- Schünke M, Schulte E, Schumacher U. Innere Organe. 6., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart, New York: Georg Thieme Verlag; 2022. (PROMETHEUS LernAtlas der Anatomie).
- Physiologie: Physiologie der Leber. 10. Aufl.: Thieme; 2023 [Stand: 05.01.2024]. Verfügbar unter: https://eref-thieme-de.pxz.iubh.de:8443/ebooks/cs_21534798?context=search#/ebook_cs_21534798_cs5957.
- MedizInfo. Lipide und Lipoproteine: Cholesterin – das „prominenteste“ Blutfett; 2024 [Stand: 12.01.2024]. Verfügbar unter: https://www.medizinfo.de/kardio/lipide/cholesterin.htm.