Die Leber ist das größte Organ im menschlichen Körper und spielt eine entscheidende Rolle bei zahlreichen lebenswichtigen Funktionen. Die meisten Leute wissen, dass Alkoholkonsum und fettige Lebensmittel die Leber belasten. Oftmals hört man auch dass die Leber „entgiftet“ werden soll. Doch was bedeuten diese Aussagen eigentlich? Kann mit der Ernährung tatsächlich die Gesundheit der Leber beeinflusst werden?
Die Anatomie und Physiologie der Leber
Die Leber ist die größte Drüse im menschlichen Körper. Sie ist an zahlreichen essenziellen Stoffwechselprozessen beteiligt. Das Organ liegt unmittelbar unter dem Zwerchfell im rechten Oberbauch und erstreckt sich nach links über den Magen. Direkt unter dem rechten Leberlappen befindet sich die Gallenblase.
Eine der Aufgaben der Leber ist die Speicherung von Nährstoffen wie Kohlenhydraten, Lipiden, Vitaminen und Mineralien. Die Leber reguliert den Blutzuckerspiegel und ist zuständig für Cholesterinstoffwechsel und Proteinsynthese. Außerdem ist sie an der Aktivierung des Immunsystems beteiligt. Zudem gilt die Leber als ein Entgiftungs- und Ausscheidungsorgan. Sie kann Nährstoffe, die der Körper nicht benötigt, ausscheiden. Die Ausscheidung erfolgt, mit der in der Leber produzierten, Galle. Durch ihre Feinstruktur kann sie das Blut filtern und somit schädliche Stoffe, Bakterien und alte Erythrozyten entfernen. Kuffer-Zellen werden bei der Abwehr von Krankheitserregern aktiviert. Diese speziellen Zellen setzen verschiedene Proteine und Moleküle frei, um das Immunsystem zu steuern (1).
Verdauung und Stoffwechsel
Wie bereits einleitend beschrieben, haben die meisten Leute eine bestimmte Vorstellung von den Funktionen der Leber. Sie wird als ein „Entgiftungs- und Ausscheidungsorgan“ betrachtet. Die Leber führt diese Funktionen tatsächlich aus, aber ihre Aufgaben reichen weit darüber hinaus.
Die Leber hat einen großen Einfluss auf die Verdauung. Sie produziert täglich ca. 700 bis 1200 ml Galle. Die Galle wird von Hepatozyten, den Leberzellen, gebildet und in die Lebergänge geleitet. Die Galle kommt dann in den Dünndarm, wo sie die Verdauung und Aufnahme von Fetten und Nährstoffen erleichtert. Diese Nährstoffe kommen über die Pfortader zur Leber zurück, wo sie anschließend verwertet werden (2).
Außerdem ist die Leber an der Regulierung von Blutzucker und Blutfettwerten beteiligt. Sie passt den Blutzuckerspiegel an, indem sie bei niedrigem Blutzuckerspiegel Glukose freisetzt. Ist der Blutzuckerspiegel hingegen erhöht, nimmt die Leber Glukose wieder auf. In diesem Fall wird Glukose durch die Leber als Glykogen gespeichert oder in Fett umwandelt (2). Darüber hinaus wird in der Leber Cholesterin synthetisiert. Mithilfe von Lipoproteinen wird Cholesterin aus der Leber zu den notwendigen Zellen, oder von den Zellen zurück zur Leber gebracht. Cholesterin wird über die Gallensäure ausgeschieden (3).
Übergewicht und metabolisches Syndrom
Die Leber spielt also eine entscheidende Rolle im Stoffwechsel, Entzündungsprozessen und der Blutgerinnung (4). Die Anzahl der Lebererkrankungen in Deutschland steigt stetig an. Ein Grund dafür ist, dass immer mehr Menschen übergewichtig sind. Laut dem Robert Koch Institut waren 53,5% der Erwachsenen in Deutschland im Jahr 2020 übergewichtig. Davon sind 19% von Adipositas betroffen (5).
Wie wirkt Übergewicht genau auf die Leber? Bei einem Überschuss an Fettgewebe, sammelt sich das viszerale Fett um die Bauchorgane. Der venöse Abfluss von viszeralem Fettgewebe erfolgt über die Pfortader und gelangt somit in die Leber. Dadurch werden Fettstoffwechsel, Insulinresistenz, Blutdruckregulation und Sättigungsgefühl beeinträchtigt.
All dies sind Faktoren, die die Entstehung eines metabolischen Syndroms begünstigen. Beim metabolischen Syndrom handelt es sich um eine Sammelbezeichnung für verschiedene Erkrankungen, die im Stoffwechselprozess auftreten (4).
Grob gesagt handelt es sich also um ein gemeinsames Auftreten mehrerer gesundheitlicher Probleme. Diese haben gemeinsam, dass sie das Risiko erhöhen, an kardiovaskulären Erkrankungen und Diabetes Typ-II zu erkranken. Betroffene von metabolischem Syndrom unterliegen außerdem einem höheren Risiko an einer nicht-alkoholischen Fettleber (NAFLD) zu erkranken (6).
Nicht alkoholische Fettlebererkrankung
Das metabolische Syndrom gehört zu den häufigsten Ursachen der NAFLD. Die NAFLD gehört zu den häufigsten Lebererkrankungen weltweit. Eine Fettleber liegt vor, wenn mehr als fünf Prozent des Lebergewebes verfettet sind. Eine der Hauptursachen für eine NAFLD ist die Insulinresistenz. Liegt eine Insulinresistenz vor, dann wirkt das Hormon Insulin weniger effektiv, was zu einem erhöhten Blutzuckerspiegel führt. Um den Blutzuckerspiegel zu senken und die Zellen mit Glukose zu versorgen, wird mehr Insulin von der Bauchspeicheldrüse produziert. Gleichzeitig wird der Aufbau von Glykogen und der Abbau von Fett nicht gehemmt. Dies führt zu einem weiteren Anstieg von Glukose und Fettsäuren im Blut. Die überschüssigen freien Fettsäuren werden in der Leber gespeichert. Dadurch entsteht eine Fettleber.
Übergewicht trägt ebenfalls zur Fettleber bei. Überschüssige Energie wird in Form von Fett und freien Fettsäuren im Körperfettgewebe und in der Leber gespeichert. Dies führt zu einer Störung im Fettstoffwechsel der Leber, was zu Schäden an den Leberzellen führt (7).
Es gilt NAFLD von AFLD zu unterscheiden. Dabei handelt es sich ebenfalls um eine Fettleber, die allerdings durch übermäßigen Alkoholkonsum entsteht. NAFLD ist genauso wie AFLD in Deutschland weit verbreitet. Studien kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen bezüglich der Verbreitung dieser Erkrankungen. Dies liegt daran, dass es keine einheitlichen diagnostischen Methoden gibt. Zusammengefasst lässt sich feststellen, dass die Prävalenz von NAFLD in Deutschland im Jahr 2016 bei ca. 23% (18,45 Millionen) lag. Diese Zahl soll Prognosen zufolge bis 2030 auf 20,95 Millionen ansteigen (8). Bei AFLD schätzen Wissenschaftler, dass sich bei etwa 90% derjenigen, die über einen längeren Zeitraum übermäßig viel Alkohol konsumieren, eine Fettleber entwickelt (9). Es wird geschätzt, dass 1,8 Millionen Menschen in Deutschland alkoholabhängig sind. 2 Millionen betreiben Alkoholkonsum mit Folgeerkrankungen und 8,5 Millionen haben einen riskanten Umgang mit Alkohol (10).
Langfristige Folgen einer Fettleber
Bleibt die Leber langfristig verfettet, dann erhöht sich deutlich das Risiko für verschiedene Komplikationen. Im fortgeschrittenen Stadium kann es zunächst zu einer Leberentzündung, einer sogenannten Fettleberhepatitis, kommen. Bei langanhaltender Entzündung können Leberzellen absterben und durch Bindegewebe ersetzt werden. Dies resultiert in einer Leberfibrose. Im Endstadium kann dies zu einem vollständigen Umbau des Lebergewebes kommen. Dies wird als Leberzirrhose bezeichnet. Die beschriebenen Veränderungen der Leber erhöhen außerdem das Risiko der Entstehung von Leberzellkrebs.
Neben den Auswirkungen direkt an der Leber steigt zusätzlich das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen. Dies können Bluthochdruck, koronare Herzerkrankung, Herzrhythmusstörungen und Herzinsuffizienz sein. Kardiovaskuläre Erkrankungen sind die häufigste Todesursache bei Patienten mit NAFLD. Dabei sind Störungen im Fettstoffwechsel und der Insulinresistenz beteiligt, denn sie verursachen Veränderungen und Ablagerungen im Gefäßsystem (7).
Ernährung und Lebergesundheit
Eine Ausgewogene Ernährung spielt eine entscheidende Rolle für die Gesundheit der Leber. Dabei geht es weniger um Entgiftung oder Entschlackung, sondern vielmehr um die Förderung der allgemeinen Gesundheit. Insbesondere für Menschen, die übergewichtig sind, ist dies von essenzieller Bedeutung.
Laut der deutschen Leberstiftung umfassen die wichtigsten Maßnahmen zur Behandlung von Fettlebererkrankungen Gewichtsreduktion, Ernährungsumstellung und sportliche Aktivität. Wenn mehr Nahrung bzw. Energie aufgenommen wird, als der Körper benötigt, führt dies zur Fetteinlagerung in der Leber. Dabei spielt die Art der zugeführten Nährstoffe ebenfalls eine Rolle. Eine übermäßige Aufnahme von einfachen Kohlenhydraten und gesättigten Fettsäuren begünstigt die Leberverfettung. Ein Beispiel dafür ist Fast Food. Es ist häufig frittiert, enthält wenig Gemüse und Rohkost und wird meist zusammen mit gesüßten Getränken konsumiert.
Die Deutsche Leberstiftung empfiehlt eine Ernährung, die nach dem Prinzip einer Ernährungspyramide aufgebaut ist. Die Basis sollten energiearme Getränke wie Wasser und Tee bilden. Dabei sollten täglich zwei bis zweieinhalb Liter getrunken werden. Gemüse und Obst sollten konsumiert werden, um den Bedarf an Vitaminen, Mineralien, sekundären Pflanzenstoffen und Ballaststoffen zu decken. Kohlenhydrate sollten vorzugsweise in Form von Vollkornprodukten aufgenommen werden. Die empfohlene Menge beträgt vier Portionen am Tag. Eiweißreiche Nahrung soll ebenfalls in vier Portionen am Tag erfolgen. Fette und Öle sollten in begrenzten Mengen konsumiert werden. Nüsse gelten als wertvolle Quelle für gesunde Fette. An der Spitze der Pyramide sind Süßigkeiten, die sparsam genossen werden sollten (7).
Lebensmittel mit besonderer Bedeutung für die Leber
In der traditionellen Heilmedizin gibt es eine Reihe an pflanzlichen Mitteln zur Unterstützung der Lebergesundheit. Diese pflanzlichen Heilmittel wurden wissenschaftlich überprüft und ihre Auswirkungen auf die Leber bestätigt. Sie bieten Vorteile für die Lebergesundheit und sollten als Teil eines ganzheitlichen Behandlungskonzepts betrachtet werden, das Ernährungsoptimierung, Gewichtsreduktion und Bewegung einschließt. Einige dieser Pflanzen werden im Nachfolgenden vorgestellt:
- Mariendistel, insbesondere ihr Hauptbestandteil Silymarin, zeigt vielversprechende Wirkung in der Behandlung von NAFLD. Silymarin ist ein Flavonoid und besitzt entzündungshemmende, immunmodulatorische, antioxidative und leberregenerierende Eigenschaften. Dadurch können Glukose- und Lipidstoffwechsel verbessert werden. Zudem wird der perioxidative Schaden reduziert, was die Fibrose und Steifigkeit der Leber vermindert.
- Curcumin ist ein natürliches Antioxidans. Es kommt in Kurkuma vor, die aus der Familie der „Ingwergewächse“ stammt. Curcumin hat antioxidative, entzündungshemmende und antikanzerogene Auswirkungen. Diese Eigenschaften wirken sich nicht nur auf die allgemeine Gesundheit, sondern auch auf die Lebergesundheit positiv aus. Curcumin unterstützt die Funktionsweise der Stoffwechselprozessen der Leber und kann erhöhte Leberwerte senken. Weiterhin kann Curcumin die Wirkung von entzündungsfördernder und schädlicher Zellen in der Leber hemmen (11).
- Ingwer hat aufgrund seiner polyphenolischen Verbindungen wie Gingerol und Shogaol, das Potenzial antioxidative. Aktivitäten zu entfalten. Ein besonders großer Effekt wurde in Bezug auf die Insulinresistenz festgestellt. Die Insulinsensitivität der Fettzellen soll durch Ingwer verbessert werden. Ebenfalls werden die Störungen des Lipidstoffwechsels sowie oxidativer Stress vermindert. Ingwer kann auch entzündungshemmend wirken, was sich positiv auf NAFLD auswirkt (12).
- Eine weitere Pflanze, die einen positiven Effekt auf die Lebergesundheit hat, ist die Artischocke. Artischockenextrakt enthält Phenolsäuren wie Cynarin und Chlorogensäure sowie Sesquiterpene und Aglykone. Sie haben antioxidative Eigenschaften und können bei Lebererkrankungen unterstützend wirken. In einer Metaanalyse ägyptischer Wissenschaftler wurde festgestellt, dass Artischocke bei NAFLD Entzündungen reduzieren und Leberwerte verbessern kann. Es werden ebenfalls Gesamtcholesterin- und Triglyceridwerte vermindert. Die Senkung des LDL-Cholesterins kann zusätzlich das Risiko für Herzkreislauf-Erkrankungen bei NAFLD-Patienten verringern (13).
Fazit
Die Leber ist ein faszinierendes Organ mit vielfältigen Funktionen, die weit über ihre Rolle der „Entgiftung“ hinausgehen. Eine ausgewogene Ernährung ist insbesondere für Menschen mit metabolischem Syndrom oder Übergewicht von entscheidender Bedeutung. Sie kann dazu beitragen, die Lebergesundheit zu fördern und das Risiko von Lebererkrankungen zu reduzieren. Zusätzlich können Pflanzenextrakte mit Mariendistel, Curcumin, Ingwer und Artischocke unterstützend auf die Lebergesundheit wirken. Sie ersetzen zwar nicht einen gesunden Lebenswandel, können aber im Rahmen eines ganzheitlichen Konzeptes Anwendung finden.
Quellen
- Gekle M, Hrsg. Physiologie: Physiologie der Leber. 10. Aufl.: Thieme; 2023 [Stand: 05.01.2024]. Verfügbar unter: https://eref-thieme-de.pxz.iubh.de:8443/ebooks/cs_21534798?context=search#/ebook_cs_21534798_cs5957.
- Ozougwu J. Physiology of the liver. International Journal of Research in Pharmacy and Biosciences 2017; 4(8):13–4.
- MedizInfo. Lipide und Lipoproteine: Cholesterin – das „prominenteste“ Blutfett; 2024 [Stand: 12.01.2024]. Verfügbar unter: https://www.medizinfo.de/kardio/lipide/cholesterin.htm.
- Merkel M. Metabolisches Syndrom – Warum es uns so schwerfällt abzunehmen. Gynäkologe 2021; 54(10):718–24. doi: 10.1007/s00129-021-04832-2.
- Schienkiewitz A, Kuhnert R, Blume M, Mensink GB. Übergewicht und Adipositas bei Erwachsenen in Deutschland – Ergebnisse der Studie GEDA 2019/2020-EHIS. Journal of Health Monitoring 2022; 7(3):23–31. doi: 10.25646/10292.
- gesund.bund.de. Metabolisches Syndrom; 2023 [Stand: 16.01.2024]. Verfügbar unter: https://gesund.bund.de/metabolisches-syndrom#haeufigkeit.
- Deutsche Leberstiftung, Hrsg. Das große Kochbuch für die Leber. 1. Aufl.: humboldt; 2022.
- Estes C, Anstee QM, Arias-Loste MT, Bantel H, Bellentani S, Caballeria J et al. Modeling NAFLD disease burden in China, France, Germany, Italy, Japan, Spain, United Kingdom, and United States for the period 2016-2030. J Hepatol 2018; 69(4):896–904. doi: 10.1016/j.jhep.2018.05.036.
- gesund.bund.de. Alkoholische Fettleber: gesund.bund.de; 2021 [Stand: 18.01.2024]. Verfügbar unter: https://gesund.bund.de/alkoholische-fettleber#risikofaktoren.
- Seitz HK, Mueller S. Nicht alkoholische (NAFLE) und alkoholische Lebererkrankung (ALE). Continuing Medical Education 2018; 15(9):45–57.
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